Pop ist alles. Alles ist Pop

Frauke Beeck beherrscht unterschiedliche Bildsprachen und setzt sie multimedial ein. In ihren `Funbags ` und ihren hieraus entwickelten Spraybildern bedient sie sich der Collage, einer formal und semantisch äußerst vielschichtigen Kompositionsweise, die von den Kubisten wie Pablo Picasso und George Braque und Dadaisten wie Kurt Schwitters und Max Ernst zu einer der faszinierendsten Kunstformen des 20. Jahrhunderts gemacht worden ist.

Unmittelbar greift die Künstlerin auf die Textur populärer Bildsprachen wie Graffiti und Comic und ihre heutige elektronische Verarbeitung zurück; die äußere Ähnlichkeit ihrer kommerziellen Vorbilder mit ihren künstlerischen Transkriptionen ist eine äußerst bewusste Falle, die ihr Publikum die oft beschworene hohe Kunstschwelle mühelos überschreiten lässt. Mit diesem Konzept erweist sich Frauke Beeck als eine intelligente und visuell äußerst innovative Grenzgängerin zwischen kommerziellen Bilderwelten und ihren jugendlichen Adressaten und einer autonomen Kunst, die sich einem vordergründigen Verbrauch entzieht.

Mit Hilfe geläufiger Ideogramme produziert sie produktive Bedeutungsebenen – in ihren `harmlosen ` Abziehbildern mischen sich Zeichen der Gewalt, die häufig Ausdruck kommerziell angeheizter und deshalb trügerische und zu Enttäuschung führender Erwartungshaltungen sind. Die komplexen, sich ständig verändernden Bild- und Sprachspiele Wollen aber nicht belehren; sie setzen auf Witz und Ironie, auf die Zeichen und die Musik eines `Underground`, der lustvoll die `Neubauten` von gestern und heute einstürzen lässt.

Die direkten Ahnherren von Frauke Beeck sind Künstler wie Peter Blake und Richard Hamilton, die die Metamorphose von Nicht-Kunst in Kunst und umgekehrt als erste beispielhaft in den 60er Jahren vorführten. So wie die `Funbags` von Frauke Beeck auch der Gebrauchskunst zugerechnet werden könnten, sind die gleichen oder nur leicht modifizierten Kompositionen auf den Spraybildern Kunst.

Beter Blake malte unter anderem Bilder von Pop-Stars, die alle Cover von Platten sein könnten. Das gleiche gilt für die frühen Serigrafien von Richard Hamilton. Konsequenterweise schuf Peter Blake mit dem Cover der Beatles-LP „Sergeant Pepper`s Lonely Hearts Club Band“ die weltweit berühmteste Popcollage und Richard Hamilton transferierte die große Tradition des Minimalismus in der Kunst des 20. Jahrhunderts, die mit dem schwarzen Quadrat auf weißem Grund von Kasimir Malewitsch 1915 begonnen hatte, auf das Cover des ebenfalls sehr bekannten „White Album“ der Beatles, das aus weißem Karton mit den reliefhaft erhabenen Blockbuchstaben THE BEATLES bestand.
Sieht man auf die jüngste chinesische Malerei, wie sie auf der Biennale in Venedig 1999 zu sehen war, ergeben sich auffällige Parallelen in der Verzahnung von Culture und Counter-Culture, auch wenn die nationalen bildnerischen und politischen Strukturen sehr weit differieren. Diese Differenz aber macht die Kunst von Frauke Beeck in China besonders aktuell.

Prof. Dr. Hans-Joachim Manske
Direktor der Städtischen Galerie Bremen